Anlageklassen in ein erfolgreiches Zusammenspiel bringen.

Die Herausforderung, Werte zu erhalten und möglichst häufig eine positive Rendite zu erzielen, besteht darin, Anlagen und Anlageklassen zusammenzubringen. Viele Bemühungen zielen darauf, Vermögen zu generieren anstatt dieses nachhaltig zu bewirtschaften. Wir sind überzeugt: Es ist entscheidend, wie man sein Vermögen dauerhaft anlegt und überwacht. Dabei stehen anlageklassenübergreifende Lösungen im Vordergrund.

Die erste wichtige Massnahme besteht darin, das Vermögen in unterschiedliche Gefässe nach ihrem Zweck zu unterteilen. Im Vordergrund steht die Aufteilung des Haushaltsvermögens in liquide Mittel (beispielsweise für sechs Monate) und in jenen Teil, der einer Bewirtschaftung mit Wertpapieren zugeführt werden soll. Bei Letzterem wird jeweils unterschieden zwischen dem, was man in den nächsten Jahren verzehren will (Anlagehorizont 3–6 Jahre), und dem anzulegenden Teil (Anlagehorizont 7–10 Jahre und mehr). Gerade in jüngeren Jahren eignen sich auch zweckgerichtete Gefässe zum langfristigen Wertpapiersparen, wie die steuerlich bevorteilten Säule 3a-Lösungen.

In einem zweiten wichtigen Schritt gilt es, die Anlagen zu diversifizieren. Vereinfacht gesagt: Aktien und Anleihen sind in eine geeignete Balance zu bringen. Ist der Anlagehorizont eher kurz- respektive mittelfristig, sollte die Aktienquote bei höchstens 40 % liegen. Zahlt jemand in jungen Jahren regelmässig in die Säule 3a ein, ist eine Aktienquote von 80 % durchaus angemessen.

Hier ist zu erwähnen – und dies ist die dritte wichtige Erkenntnis: Ein strikt ausgewogenes Portfolio aus je 50 % Aktien und Anleihen ist nicht für jede Lebensphase die optimale Lösung. Individuelle Aspekte werden die Anlagen prägen. Deshalb muss das Risikoprofil einer Anlegerin, eines Anlegers genau unter die Lupe genommen werden. Dabei werden gleichermassen Risikofähigkeit und Risikoneigung beurteilt, wobei Letztere besonders bedeutsam ist.

Viertens bleibt zu betonen, dass ein Vermögensportfolio agil bewirtschaftet werden sollte. In einer konjunkturell stabilen Wachstumsphase der Weltwirtschaft ist eine erhöhte Aktienquote angemessen. In einer Rezession wären Anlegerinnen und Anleger wohl kaum glücklich, wenn ein Portfolio aus lauter Aktien bestünde. Die Gefahr von Werteinbussen von Aktien sind in einer wirtschaftlichen Schwächephase überproportional hoch.

Sorgfältig und diszipliniert
Die DNA einer wertvollen Vermögensgenerierung besteht aus einem sorgfältigen, disziplinierten Vorgehen in allen konjunkturellen Phasen. Solange sich die Konjunktur in einem dynamischen Aufschwung befindet, sind typischerweise Aktien die Werttreiber und über Anleihen rümpft man die Nase. Gerät die Konjunktur ins Stottern, zeigt sich der defensive Charakter von Anleihen, die den Werterhalt unterstützen. Wobei auch da unterschieden werden muss: Es gibt Aktien mit einem resilienten Geschäftsmodell, die in konjunkturellen Schlechtwetterphasen durchaus erfolgreich anhaltend positive Cash Flows generieren können.

Innerhalb einer Anlageklasse sind immer wieder erhebliche Unterschiede erkennbar. So lassen sich beispielsweise Aktien in defensive Substanzwerte (z.B. Swiss Life), offensive Wachstumswerte (z.B. Facebook) sowie Qualitätswerte (z.B. Nestlé) unterscheiden. Sie alle haben höchst unterschiedliche Eigenschaften. Das zeigt sich in der Bilanz allein schon am Anteil des Eigenkapitals. Nestlé beispielsweise verfügt über eine gehebelte Bilanz mit einem Fremdkapital von 40 Milliarden Franken. Die Quote der gesamten Schulden im Verhältnis zu den Eigenmitteln liegt bei 85 %. Dagegen wirtschaftet Facebook praktisch ohne Fremdkapital. Anleihen sind keine ausstehend. Die Firma verfügt nicht einmal über ein Rating. Das Veränderungen in der Zinslandschaft sich unterschiedlich in der Erfolgsrechnung niederschlagen – je nachdem, wie solid das Bilanzmanagement betrieben wird –, ist selbstredend.

Diversifikation statt Regulation
Die typische Allokation von Aktien bei einer ausgewogenen Pensionskasse liegt bei rund 30 bis 35 %. Hinzu kommen Realanlagen wie Immobilien (typischerweise im Umfang von 20 bis 25 %) sowie Infrastruktur- und Privatmarktanlagen. Die Summe der Realwerte liegt häufig zwischen 50 und 70 %. Empirisch lassen sich daraus Renditeerwartungen von etwa 3 bis 3,5 % in Franken ableiten. Derartige Betrachtungen auf andere Akteure in den Kapitalmärkten sind insbesondere dann wichtig, wenn Pensionskassengelder in eine Freizügigkeitsstiftung transferiert oder bezogen werden – mit dem Anspruch, eine vergleichbare Rendite bei erhöhter individueller Flexibilität zu erzielen.

Wichtig ist, nicht alles auf eine Anlageklasse zu setzen. Das Gebot der realwirtschaftlichen Diversifikation soll im Vordergrund stehen, nicht die regulatorische Zuordnung. Eine Privatmarktanlage wie Private Equity ist in erster Linie als Aktie zu betrachten, ob sie nun unter Aktien verbucht wird oder nicht. Entscheidend ist aber, dass es sich um Unternehmen handelt, die fernab von der Börse ihr Wachstum verfolgen können. Die obersten Führungskräfte widmen sich da fokussiert und vollumfänglich dem Kundengeschäft.

Dagegen sind Führungskräfte in börsenkotierten Unternehmen immer wieder durch Meetings mit Investmentbanken, Finanzanalysten und Börsenkommentatoren beschäftigt. In manchen Unternehmen absorbiert dies bis zu 50 % der Zeit – bei überschaubarem Nutzen. Manchmal kann sogar das Gegenteil aus der Börsenkotierung erfolgen. Man will kurzfristig den Investoren gefallen, und legt die unternehmerischen Schwerpunkte darauf. Gerade deshalb ist es wichtig, sich beim Eigenkapital – sofern es die Risikoneigung und der Anlagehorizont zulassen – nicht nur auf das kotierte Universum von weltweit rund 5’000 Aktiengesellschaften abzustützen. Die reale Privatwirtschaft ist viel grösser und variantenreicher.

Unternehmensanleihen wirken positiv
Anleihen bleiben in einem ausgewogenen Portfolio ein fester Bestandteil. Das ergibt sich unter anderem aus der zwingenden Auflage der Diversifikation von Anlageklassen. Sie sorgt dafür, dass bei gewissen Teilen eines Portfolios eher die Werterhaltung im Vordergrund steht und bei anderen Teilen die Wertvermehrung. Auch der Teil der Werterhaltung lässt sich mit Unternehmensanleihen langfristig attraktiv ausrichten.

Gewiss bewegen wir uns weiterhin in einer historischen Niedrigstzinsphase. Das zeigt sich auch anhand des maximalen technischen Zinssatzes in der Lebensversicherung ausserhalb der beruflichen Vorsorge. Die Finanzmarktaufsicht FINMA in Bern verordnet weiterhin eine maximale technische Verzinsung von 0,05 % für Policen gegen Einmalprämien. Das gilt nun schon seit fünf Jahren und eine Erhöhung ist nicht in Sicht. Entsprechend reizvoller ist der Blick auf andere Formen der Werterhaltung, wobei auch bei den Anleihen zu differenzieren ist.

Der Coupon einer Anleihe mag eine banale Gewinnquelle sein, aber in einem Umfeld von Negativzinsen sind der Kreditqualität und damit der spezifischen Selektion höchste Beachtung zu schenken. Unternehmensanleihen sind eine eigenständige und unverzichtbare Anlageklasse, die aktiv gemanagt werden muss. Diverse empirische Untersuchungen zeigen, dass sich Unternehmensanleihen positiv auf ein Portfolio auswirken. Das lässt sich nicht (oder nur suboptimal) durch eine Kombination von Staatsanleihen und Aktien replizieren.

Für ein passives Investment sind Unternehmensanleihen in der Regel allzu «gefährdet», insbesondere wenn die Bonität bescheiden ist. Das macht ein aktives Portfoliomanagement notwendig. Wenn man beispielsweise auf einer Reihe von Unternehmensanleihen mit Öl-Bezug in der Lieferkette (beispielsweise Exploration, Handel, Transport, Raffinerie, Tanklagerung, Distribution) sitzt und der Rohölpreis wie im Frühjahr 2020 auf ein Rekordtief fällt, muss man im Zuge der fallenden Preisentwicklung diese Anleihen reduzieren oder verkaufen. Das ist aktives Risikomanagement. Insbesondere bei moderaten Bonitäten wäre passives Investieren verheerend.

Infrastruktur als Basis des globalen Wirtschaftens
Häfen, Flughäfen, Mautstrassen, Stromleitungen und Fernmeldetürme sind elementar für die Grundbedürfnisse unseres täglichen Lebens. Sie decken unseren Bedarf an Wasser, Licht und Wärme, gewährleisten den Transport von Menschen und Gütern und verbinden die Welt über Telekommunikationsund Datensysteme.

So überrascht es nicht, dass die Entwicklung der Infrastruktur der Schlüssel für die Erholung nach einer Pandemie ist. In vielen Ländern sind Investitionen in diesem Bereich nun offiziell ein Geschäft erster Ordnung. Schon bevor Covid-19 die Grundfeste des globalen Wirtschaftens erschütterte, wuchs die Nachfrage nach Infrastrukturen ins Unermessliche: Schätzungen zufolge werden zwischen 2016 und 2030 Investitionen in Höhe von 90’000 Milliarden Franken benötigt. Viele Staaten überlassen die Realisierung und Bewirtschaftung ihrer Infrastruktur der Privatwirtschaft, was zu einem grossen Becken von Opportunitäten führt.

Globale Entwicklungen beeinflussen Infrastruktur-Investitionen
Während die «New Economy» im Jahr 2020 die Aufmerksamkeit der Investorinnen und Investoren genoss, ist es nun an der Zeit, sich wieder auf die «Essential Economy» zu konzentrieren. Zahlreiche kürzlich gestartete Regierungsinitiativen auf der ganzen Welt lenken massive Investitionen in langfristige Infrastrukturprogramme, wie den EU Recovery and Resilience Plan, China Net Zero Carbon 2060, die US Covid Relief Bill oder die Australia Electricity Infrastructure Roadmap. In alternde Infrastrukturanlagen muss laufend investiert werden, um Sicherheit, Effizienz, Zuverlässigkeit und Nachhaltigkeit zu verbessern.

Der grüne Wandel erfordert zudem Investitionen in das Erzeugen erneuerbarer Energien sowie die Speicherung von Energie, Erdgas und Wasserstoff. Unsere vernetzte Welt mit einem exponentiellen Anstieg von Sensoren für Smart Mobility, Smart Living und Smart Logistics führt zu einer Datenexplosion. Diese muss von Unternehmen, die Datenübertragung, -verarbeitung und -speicherung anbieten, infrastrukturell zuerst einmal friktionslos bewältigt werden. Und das erfordert enorme Investitionen. Die Anlageklasse bietet vorhersehbare Finanzströme, deren Cashflows durch ein langfristiges, vertraglich festgelegtes, inflationsgebundenes Umsatzwachstum unterstützt werden, das eine Absicherung gegen die steigende Inflation bieten kann.

Keine Rohstoff-Engagements
Ob Erdöl, Gold, Kupfer oder Kaffee – Anlegerinnen und Anleger können in unzählige Rohstoffe investieren. Zwar unterliegen sie mitunter starken Schwankungen. Zugleich können Energieträger und andere Rohstoffe, wenn sie nur einen kleinen Teil eines Wertpapierdepots ausmachen, eine stabilisierende Wirkung entfalten. Denn Rohstoffe können sich gegenläufig zu anderen Anlageklassen entwickeln.

Diversifikation optimal umsetzen
Ein gut diversifiziertes Portfolio kann sich aus Einzeltiteln oder Kollektivanlagen (Fonds, ETFs) zusammensetzen. Einzeltitel erlauben es, marktführende Unternehmen mit Preisfestlegungsmacht und soliden Margen zu selektieren. Dabei handelt es sich um unterschiedliche Geschäftsmodelle. Die Diversifikation mittels Aktien von AXA und Zürich funktioniert nicht, nur die echte Diversifikation zeigt einen echten Nutzen. Die Kombination von Aktien aus möglichst verschiedenen Märkten mit möglichst unterschiedlicher Ausrichtung wirkt sich positiv auf das Risiko und die Rendite eines Portfolios aus.

Historische Perspektiven bewahren
In früheren Krisenzeiten, als hochwertige Staatsanleihen noch mit Coupons von 5 % versehen waren, haben sie sich in schlechten Zeiten als Puffer erwiesen und sich gegenläufig zu Aktien entwickelt. Im Frühjahr 2020, als die inzwischen negativ rentierenden Staatsanleihen aus der Schweiz und aus Deutschland in die Corona-Krise schlitterten, erlitten diese ebenfalls schmerzhafte Kurseinbussen, vor allem die Langläufer unter ihnen. Eine einfache Portfoliostruktur, die aus liquiden Aktien und hochwertigen Obligationen besteht, ist nicht mehr optimal diversifiziert. Vielmehr benötigt man eine zusätzliche Diversifikation von weiteren Anlageklassen wie Immobilien, Infrastruktur sowie Privatmarktanlagen.

Zu guter Letzt
Am Ende gilt es, das Anlagerisiko des Portfolios im Griff zu haben und es mit der individuellen Risikofähigkeit und Risikobereitschaft in Einklang zu bringen. So muss oftmals in einzelnen Bausteinen gedacht werden. Zentral bleibt die zugrundeliegende Auslegeordnung über die haushaltsbezogenen Cashflow-Ströme: Erwerbs- und Renteneinkommen, sichere und volatile Kapitalerträge sowie der Zweck der einzelnen Vermögensbausteine.

Text: Prof. Dr. Maurice Pedergnana, Zugerberg Finanz AG